Wollhaus Heilbronn:
Zwischen Geschichte und Zukunft
Rückblick und Perspektiven für ein zentrales Projekt.

Wollhaus Heilbronn:
Zwischen Geschichte und Zukunft
Rückblick und Perspektiven für ein zentrales Projekt.

Kurz vor dem 50. Geburtstag des Wollhauses verheißen Planer dem ungeliebten Klotz eine strahlende Zukunft. Wir blicken zurück auf die Geschichte des umstrittenen Wahrzeichens.
Brutalismus heißt der Stil, dem das Heilbronner Wollhauszentrum in bester Innenstadtlage zugerechnet wird. Das hat nichts damit zu tun, dass der in die Jahre gekommene Komplex von vielen als brutal hässlich empfunden wird. Die Bauweise mit Sichtbeton, roher Beton – französisch béton brut – gab der Architektur ihren Namen, die vor einem halben Jahrhundert vor allem für Aufbruch und Moderne stand.
1974: Symphonie in Stahl und Beton. Die Ausfahrtspindel der Tiefgarage Wollhausplatz an der Südwestecke der Heilbronner Großbaustelle wird betoniert. Im Hintergrund das Verlagshaus Heilbronner Stimme, Hans-Rießer-Haus und Kreissparkasse (v li). Foto: HSt-Archiv/Eisenmenger
1974: Symphonie in Stahl und Beton. Die Ausfahrtspindel der Tiefgarage Wollhausplatz an der Südwestecke der Heilbronner Großbaustelle wird betoniert. Im Hintergrund das Verlagshaus Heilbronner Stimme, Hans-Rießer-Haus und Kreissparkasse (v li). Foto: HSt-Archiv/Eisenmenger
1974: Blick auf die Baustelle des Einkaufszentrums am Wollhausplatz. Im Hintergrund rechts das Heilbronner Amtsgericht. Foto: HSt-Archiv
1974: Blick auf die Baustelle des Einkaufszentrums am Wollhausplatz. Im Hintergrund rechts das Heilbronner Amtsgericht. Foto: HSt-Archiv
Juli 1975: Der Wollhausturm ist im Rohbau, die Passage zum Einkaufszentrum und die Ausfahrt aus der Tiefgarage in Richtung Wilhelmstraße sind bereits gut zu erkennen. Foto: HSt-Archiv
Juli 1975: Der Wollhausturm ist im Rohbau, die Passage zum Einkaufszentrum und die Ausfahrt aus der Tiefgarage in Richtung Wilhelmstraße sind bereits gut zu erkennen. Foto: HSt-Archiv
Das Wollhaus, Heilbronns umstrittenes Wahrzeichen, ist nach dem historischen Wollmarkt an dieser Stelle benannt. Als eine von fünf württembergischen Städten hatte Heilbronn 1818 dieses Privileg erhalten. Auf den Wollhandel folgten Pferdemärkte. An der Stelle des heutigen Einkaufszentrums stand das 1891 gebaute Heilbronner Stadtbad, das wie weite Teile der Innenstadt 1944 beim Luftangriff auf Heilbronn zerstört, später aber wieder aufgebaut wurde.
Nach Abriss des Stadtbades wurde das Wollhaus gebaut
Der Erfolg von Einkaufszentren wie dem Breuningerland bei Ludwigsburg befeuerte die Diskussion um einen solchen Komplex in Heilbronn. Das Stadtbad wurde abgerissen, das Wollhaus mit Büroturm und Einkaufszentrum nahm Gestalt an. Errichtet wurde der Komplex nach Plänen der Philipp Holzmann AG, die feierliche Eröffnung war 1975.
Und der Hoffnungsträger hat die Erwartungen zunächst durchaus erfüllt. Von 100 Millionen Mark Umsatz pro Jahr ist zu lesen, wobei der übrige Innenstadthandel keine Federn lassen musste. Vielmehr machte das Wollhauszentrum die Einkaufsstadt für einen größeren Kundenkreis attraktiv.
Wollhaus – umstrittener "Betonklotz" mitten in Heilbronn
Bis in die 90er-Jahre lief es rund, bevor der schleichende Niedergang einsetzte. Der Betonklotz wurde zunehmend als Fremdkörper wahrgenommen, der Bau war in die Jahre gekommen, immer mehr Leerstände in der Ladenpassage taten sich auf. Die Urteile über die Architektur wurden derweil zunehmend ungnädiger. So schrieb der Denkmalpfleger Joachim J. Hennze 2008, das Wollhaus zähle „nicht nur zu den Beispielen für die durch und durch unsensible Architektur der Siebzigerjahre, sondern zu den unattraktivsten Gebäuden Heilbronns wo nicht des ganzen Landes“.
Mit dem Ankermieter Kaufhof verabschiedet sich 2013 die Hoffnung auf eine Besserung der Lage. Die undurchsichtige Eigentümerstruktur verhinderte lange Jahre einen Neustart, während die Diskussionen weitergingen. Die Stadt favorisierte lange einen Abriss und einen Neubau, während die Eigentümer der Ladenpassage die Sanierung favorisierten. Erst vor drei Jahren kam wieder Bewegung in die Sache. Im Rahmen einer Zwangsversteigerung sicherte sich das Oedheimer Wohnbauunternehmen Neufeld die Ladenpassage, zwei Jahre später auf demselben Wege die XXL-Fläche der ehemaligen Kaufhof-Filiale.
Dezember 1975: Dichtes Gedränge vor der Ladenzeile in der Fußgängerzone Am Wollhaus nahe des am 9. Oktober eröffneten Wollhaus-Zentrums. Foto: HSt-Archiv
Dezember 1975: Dichtes Gedränge vor der Ladenzeile in der Fußgängerzone Am Wollhaus nahe des am 9. Oktober eröffneten Wollhaus-Zentrums. Foto: HSt-Archiv
September 1974: Erster Richtkranz über dem Wollhaus-Zentrum. Die Wollhausplatz-Tiefgarage ist im Rohbau fertig gestellt. Foto: HSt-Archiv
September 1974: Erster Richtkranz über dem Wollhaus-Zentrum. Die Wollhausplatz-Tiefgarage ist im Rohbau fertig gestellt. Foto: HSt-Archiv
1954: Beim WM Finale herrscht vor dem Elektrogeschäft Niederbracht am Wollhausplatz dichtes Gedränge. Foto: HSt-Archiv
1954: Beim WM Finale herrscht vor dem Elektrogeschäft Niederbracht am Wollhausplatz dichtes Gedränge. Foto: HSt-Archiv
Das Wollhaus im Wandel der Zeit
1975
Das Heilbronner Wollhauszentrum in der Bauphase: Erfolgreiche Einkaufszentren wie das Breuningerland in Ludwigsburg standen Pate. Um Platz zu schaffen, wurde das alte Stadtbad abgerissen. Feierliche Eröffnung war 1975.
2016
Auf den zwischenzeitlichen Erfolg folgt der Niedergang. Immer mehr Läden stehen leer, die Kritik wächst. Das Wollhaus gehöre "zu den unattraktivsten Gebäuden Heilbronns, wo nicht des ganzen Landes", sagt etwa ein bekannter Denkmalpfleger.
2023
Der Investor Neufeld Immobilien aus Oedheim hat sich nach und nach das Eigentum an der Immobilie gesichert. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass sich endlich etwas tut.
2028
Das Geheimnis ist gelüftet. Im Sommer 2023 präsentiert der Investor ambitionierte Pläne. Das neue Wollhaus soll 2028 fertig sein. Wohnen, Handel und ein Hotel sind Teil des Konzepts.
Das Wollhaus im Wandel der Zeit
1975
Das Heilbronner Wollhauszentrum in der Bauphase: Erfolgreiche Einkaufszentren wie das Breuningerland in Ludwigsburg standen Pate. Um Platz zu schaffen, wurde das alte Stadtbad abgerissen. Feierliche Eröffnung war 1975.
2016
Auf den zwischenzeitlichen Erfolg folgt der Niedergang. Immer mehr Läden stehen leer, die Kritik wächst. Das Wollhaus gehöre "zu den unattraktivsten Gebäuden Heilbronns, wo nicht des ganzen Landes", sagt etwa ein bekannter Denkmalpfleger.
2023
Der Investor Neufeld Immobilien aus Oedheim hat sich nach und nach das Eigentum an der Immobilie gesichert. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass sich endlich etwas tut.
2028
Das Geheimnis ist gelüftet. Im Sommer 2023 präsentiert der Investor ambitionierte Pläne. Das neue Wollhaus soll 2028 fertig sein. Wohnen, Handel und ein Hotel sind Teil des Konzepts.
Planung
Abriss oder Umbau: Das war jahrelang die Grundsatzfrage beim Wollhaus. Der Investor Neufeld hat sich klar positioniert und will den Komplex sanieren. Wohnungen, Büros, Markthalle, Fitness, Restaurant, Grünflächen und ein Hotel sind Teil des Konzepts.
Bis zum Baustart 2026 will Investor Arthur Neufeld den Standort mit einer Zwischennutzung stärken. Ein Teil der Fläche wird mit einem Supermarkt belegt, auch Freizeiteinrichtungen wie eine Lasertag-Arena waren im Gespräch.
Mit einer Investitionssumme von mehr als 100 Millionen Euro wird das Wollhaus das bislang größte Investitionsprojekt des Oedheimer Immobilienunternehmens Neufeld.
Der ehrgeizige Zeitplan sieht vor, dass alle Baugenehmigungen bis 2026 unter Dach und Fach sind, der eigentliche Bau dauert knapp zwei Jahre.
HSt-Grafik, Quelle: Neufeld Immobilien GmbH
HSt-Grafik, Quelle: Neufeld Immobilien GmbH
Aber wie sehen die Pläne genauer aus?
Der Kern wird erhalten, trotzdem ist das neue Wollhaus kaum wiederzuerkennen, wenn Neuhaus seine Pläne wie angekündigt umsetzt. Hier einige Details.
Ganz nah dran am neuen Wollhauszentrum
Turmaufstockung
Vier Stockwerke kommen dazu, oben soll Gastronomie mit Ausblick Gäste locken. Statisch geht das, der Turm war schon immer für mehr Stockwerke ausgelegt.
Hotel
Zum genauen Konzept des Hotels hat sich der Investor nicht geäußert. In der Stadt gibt es auch Kritiker, die den Bedarf an Hotelzimmern in Heilbronn gedeckt sehen.
Terrassiertes Wohnen
In L-Form angeordnet, sind 70 bis 90 Wohnungen geplant. Der Gemeinderat wird diskutieren, welchen Anteil an gefördertem Wohnraum die Stadt vorschreibt.
Die Vision für das neue Wollhaus ist ambitioniert:
Die ehemalige Kaufhof-Fläche, die einer dunklen Trutzburg gleicht, soll dank einer Kuppel lichtdurchflutet werden mit neu gestalteten Eingängen. Im Erdgeschoss ist eine Markthalle angedacht.
So sieht der neue Wollhauskomplex aus der Vogelperspektive aus. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
So sieht der neue Wollhauskomplex aus der Vogelperspektive aus. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Seit langem wird in Heilbronn über den Standort einer Markthalle diskutiert. Sie könnte ebenfalls im Wollhaus unterkommen. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Seit langem wird in Heilbronn über den Standort einer Markthalle diskutiert. Sie könnte ebenfalls im Wollhaus unterkommen. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Terrassenförmig angeordnete Einheiten gruppieren sich um einen Innenhof: So stellen sich Planer die Wollhaus-Wohnungen vor. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Terrassenförmig angeordnete Einheiten gruppieren sich um einen Innenhof: So stellen sich Planer die Wollhaus-Wohnungen vor. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Der Zugang zum Komplex aus Richtung Fleiner Straße soll einladender werden. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Der Zugang zum Komplex aus Richtung Fleiner Straße soll einladender werden. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Das geplante Hotel setzt neben dem Turm den optischen Akzent am Wollhaus. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Das geplante Hotel setzt neben dem Turm den optischen Akzent am Wollhaus. Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Neue Wollhaus-Pläne beinhalten ein Hotel: Braucht es ein weiteres in Heilbronn?
Das Echo auf das Wollhaus-Konzept ist überwiegend positiv, in einem Punkt gibt es aber Diskussionen: Der geplante Neubau eines Hotels stößt nicht überall auf Zustimmung – und das hat auch mit der aktuellen Bettenauslastung der bestehenden Häuser zu tun.
